Geschichte: Der Turm der verlorenen Träume VII

„Was... Was hast du gemacht?“, stieß sie hervor.
„Wie hast du das gemacht?“ Und ein wenig vorwurfsvoll fügte sie hinzu: „Und wann wolltest du mir davon erzählen?“
„Ich wollte dich nicht in Schwierigkeiten bringen“, sagte er. „Und genauso wenig wollte ich selber Schwierigkeiten. Du weißt, wie empfindlich die Menschen sein können, wenn es um Hexen oder Zauberer geht.“
„Aber wie...“, begann Silvana, doch der alte Mann schnitt ihr das Wort ab. „Nicht jetzt. Später kann ich deine Fragen beantworten. Jedenfalls manche davon.“
Er bückte sich und hob Silvanas Rucksack auf, währen diese sich einen Weg durch das Weizenfeld bahnte, um ihre Decke aufzusammeln.
Silvana hatte so viele Fragen, doch Giovanni bestand darauf, dass sie noch ein wenig schlief. Jetzt, als der Schreck abgeklungen war, wurde ihr erst bewusst, wie müde und erschöpft sie war. Obwohl ihr der Kopf schwirrte, dauerte es nicht lange, bis sie eingeschlafen war.

Energisch schnürte Giannina ihren Rucksack zu. Nein, sie würde nicht hier warten und nichts tun. Was hatte ihre Tochter sich nur dabei gedacht, einfach davonzulaufen? Es war gefährlich da draußen und Silvana war nur ein Kind! Giannina hatte einen Entschluss gefasst. Nein, sie würde nicht weinen. Nicht mehr. Sie würde gehen und ihr Kind zurückholen. Nachdem Bocco sie verlassen hatte, was hielt sie noch hier? Es war seltsam – in den letzten Tagen hatte sie sich so leer gefühlt, so ziellos und ohne Antrieb, als würde ein Teil von ihr fehlen, doch sie wusste nicht, was es war. Die Welt war so grau gewesen. Doch mit dem Verschwinden Silvanas schienen ihre Lebensgeister zurückgekehrt zu sein.
Ihr Weg führte sie durch das Dorf hindurch. Als sie die andere Seite erreichte, fühlte sie sich fast wieder wie ein Kind. Hatte sie nicht immer davon geträumt, in ein Abenteuer zu ziehen, als sie noch ein Mädchen gewesen war?
Doch dieses Gefühl wurde so plötzlich wie ein Blitzschlag von einem ohrenzerreißenden Krachen hinter ihr zerstört. Sie fuhr herum.
In einigen Häusern in der Mitte des Dorfes war Feuer ausgebrochen. Die Flammen griffen schnell um sich und machten jeden halbherzigen Löschversuch sofort zunichte. Der leichte Wind trieb die Funken in die Dächer der anderen Häuser. Mit Entsetzen sah Giannina zu, wie das Feuer sich ausbreitete. Schon zog der beißende Geruch von Rauch zu ihr herüber. Plötzlich sah Giannina eine Gestalt zwischen den Häusern. Ihr Mantel hatte Feuer gefangen, doch das schien sie gar nicht zu kümmern. Sie hatte die Arme ausgebreitet und auf ihren Handflächen tanzten Flammen. Sie blickte genau zu Giannina herüber. Diese drehte sich um und rannte, so schnell sie konnte.

Eigentlich war das mit Giannina nicht geplant... Aber die Geschichte verselbstständigt sich langsam. Den groben Plan habe ich und jetzt lasse ich mich einfach treiben.

Hoho, ein Feuermagier! Das gefällt mir!

Hehe.

Schon mal eine Erwachsene, die sich an ihre Träume erinnert. Das kann doch nur ein Happy End geben! :-)